Lettland

Verschiedene Fluglinien steuern Riga an, auch Ryanair, die zum Beispiel von Weeze (Niederrhein) fliegen. Ist man schon einmal in Ost-Europa, stellt der Bus eine prima Option dar. Bei Lux Express buche ich online ein Ticket von Tallinn nach Riga. Der Preis ist günstig, 21 € zahlt man, der Bus ist neu, Kaffee ist frei, Wifi vorhanden, bequeme Sitze und ein Bord-Unterhaltsprogramm wie im Flugzeug (nicht Raynair). Die Grenze merkt man kaum, wohl wird aber gestoppt und alle Pässe kontrolliert. Nach etwa 4 Stunden komme ich an der Riga Coach Station (Prāgas iela 1, Rīga, LV- 1050) an, sie liegt direkt an der Altstadt. Der Busbahnhof ist ein paar Nummern größer, und im Vergleich wirkt der Terminal in Tallinn wie ein Parkplatz vor einem Kiosk. Die Zugverbindungen nach und von Riga sind nicht sonderlich gut ausgebaut, es gibt zum Beispiel keine Verbindung nach Tallinn.

Mein Hotel, das Wellton Old Riga Palace Hotel ist nur ein paar Meter weiter vom Busbahnhof entfernt. Ich habe es genau wegen dieser Nähe gebucht und die Kritiken waren auch gut, und das Hotel wirbt am Schalter offensiv damit. Das Zimmer ist allerdings recht klein und riecht nicht angenehmen. Es erinnert mich an den am Boden kleben bleibenden Schaum von alten Teppichböden, wenn man diese nach Jahren der Nutzung entfernt. Ein Flachbildschirm zeigt die deutschen Programme ARD und RTL. Das Frühstück ist in Ordnung. Ich zahle 38 €/Nacht. Ein Stadtplan liegt unten aus, welcher mit während meiner vier Tage eine gute Orientierung gibt.

Seit dem 1. Mai 2004 ist Lettland in der EU, doch zu meinem Zeitpunkt, Oktober 2013 noch nicht im Euro-Raum, das Datum dafür ist der 1.1.2014. Somit ist für mich noch der lettische Lats zwingend. Geld bekommt man am ATM, ich sehe viele auch mit Karte zahlen. Am Automaten hole ich mir vorsorglich 50 Lats, denn obwohl überall die Preise in Lats und Euro ausgezeichnet sind, kann man mit Euro nicht zahlen. Lustig sind die oft total krummen Preise, etwa ein Kaffee für 2,04 Lats. Was aber daran liegt, dass oft schon der Euro im Hinterkopf vorhanden ist: der Kaffee liegt dann genau bei 2,90 €, der Zielpreis, den man in Euro haben möchte.

Nach dem Einchecken im Hotel mache ich abends noch einen kleinen Spaziergang, mehr Raucher als in Estland fallen mir auf (darunter mehr Frauen), im Park hängen komische Gestalten ab, und obwohl Alkohol in der Öffentlichkeit eine Ordnungswidrigkeit ist, hält sich nicht jeder dran. Im Supermarkt hole ich fürs Hotel noch ein Bauskas Tumšais Specialais — als lokale Spezialität empfohlen — und ja, das ist wirklich ein leckeres Bier, auch für Wenigtrinker.

Schloss Rundāle

Ein Tagesausflug von Riga entfernt befindet sich das Schloss Rundāle. Versailles war Vorbild für dieses barocke Bauwerk, was in mehreren Phasen (ab 1736) errichtet, verändert und genutzt wurde. Im Hotel wurde ich auf den Reiseanbieter Smile Line aufmerksam, der für 35 Lats (50 €) kleine Gruppen zum Schloss bringt und eine Tour macht. Um 12 Uhr mittags geht es los. Insgesamt sind wir zu viert: die Fahrerin (gleichzeitig Tourguide) und noch ein amerikanisches älteres Ehepaar. Auf den 80 Kilometern plaudert unsere Fahrerin über alles Mögliche, erklärt Umgebung und Entwicklung. Mit gemütlichen 70 km/h brauchen wir etwas länger, LKWs ziehen an uns vorbei, die Strasse ist eine wichtige Transitstrasse.

4 Lats (5,70 €) kostet der Eintritt inklusive Gartenanlage und ein paar Extrazimmer (völlig unklar, warum die Zimmer nicht zum Standard gehörten), sie sind – jedenfalls für mich und die Reiseleitung – auf keiner Weise besonders. Wir sind lange unterwegs, unser Guide erzählt viel, wenig habe ich behalten, welcher Architekt was entworfen und welcher Hauseigentümer was verworfen hat bleibt mir nicht im Gedächtnis: drei Frauen, Fußballspiel in den Räumen, Rosen an der Decke.

Nach einer ausführlichen Besprechung aller Zimmer wollen wir im Restaurant noch etwas essen, doch wir werden 15 Minuten nicht bedient, da die eine Bedienung hoffnungslos überlastet ist. Wir machen noch einmal Stopp beim Riga Castle (das bedeutende Teile durch erst vor kurzem durch ein Feuer verlor), wo auch ein kleines Bistro ist. Ich nehme Kartoffelpuffer mit Champions und Käse überbacken, das ist in Ordnung. Zurück sind wir nach 18 Uhr, ein langer Tag. Es ist Samstag, die Innenstadt ist belebt, aber nicht überfüllt. Einen Besuch im El Divino, einer der größten Diskotheken des Baltikums, spare ich mir.

Jūrmala

Am nächsten Morgen stehen zwei Tickets an, die ich kaufen möchte: Einmal ein Busticket nach Liepāja, der nächsten Stadt nach Riga, und dann ein Zugticket nach Jūrmala. Das heißt lettische einfach „am Meer“ bzw. „Küste“ und bezeichnet eine Ecke nahe Riga mit kilometerlangen Sandstränden, so wie ich sie von Usedom kenne.

Übung 1: Das Busticket. Am Busbahnhof fahren die Busse in alle Richtungen, auch nach Liepāja. Das konnte ich von Busbahnhof-Webseite ablesen, wo alle Routen aufgeführt sind, im Auswahlfeld heißt das für meine Route „Rīgas SAO(Rīgas raj. : (pilsēta Rīga) : Latvija)“ mit Ziel „Liepājas AO(Liepājas raj. : (pilsēta Liepāja) : Latvija)“. Am Besten passt für mich 13:20 – 16:50 AS „Nordeka“ und wenn man von den Bussen kommend in den Busbahnhof reinläuft, sieht man auf der Ecke rechts schon gleich das Büro. Die Dame sagt mir, ich könnte das Ticket auch am gleichen Tag haben, aber es vorher schon zu haben ist für mich kein Nachteil, auch wenn dieser „Luxus“, 0,70 Lats mehr kostet.

Übung 2: Nach Jūrmala kommen. Das ist ein bisschen komplizierter. Erst wollte ich auch den Bus nehmen, doch die Dame vom „Liepājas“-Schalter empfiehlt mir den Zug, Ok, dann eben der Zug. Die Zugstation (Riga Central Station) liegt im Gebäude nebenan (nicht im „Hügelgebäude“, das ist ein Zentralmarkt), sondern der Bahnhof ist als Teil vom Einkaufszentrum ORIGO. Das Ticket kauft man am Schalter und kostet 1,95 Lats (2,77 €) für eine Fahrt hin und zurück. An der Wand hängt ein Routenplan, der Stopp in „am Meer“, also Jūrmala, heißt Majori (Maiori). Was dann etwas unübersichtlich ist, ist der Bahnsteig und der Zug – den Bahnsteig reime ich mir zusammen über das Endziel des Zuges, doch ob ich im richtigen Zug bin, weiß ich erst, als ich frage. Doch es passte alles. (Die Zugroute kann man bei OpenRaiwayMap ablesen.)

Zum Glück zeigt eine elektronische Tafel immer die aktuellen Haltestellen an, so erfahre ich nach vielleicht 30 Minuten, wo ich aussteigen muss. Doch ich bin nicht allein, mehrere Touristen steigen mit mir am kleinen Bahnhof aus. Eine kleine Strasse mit vielen Geschäften, Restaurants und Cafes scheint nicht zu enden, schließlich mündet sie in einem kleinen Park. Im Winter findet hier der Weihnachtsmarkt statt. Links vom Park komme ich zum Strand: echt lang, gefüllt mit weichem Sand und wäre nicht Oktober, wären bestimmt viele im Wasser. Immer noch nehmen viele Paare einen Spaziergang, einsam ist das Gegenteil. Nach einer großen Runde komme ich wieder am Bahnhof raus und dann ist es einfacher, denn es gibt nur ein Gleis pro Richtung.

Ein paar Hintergründe gut geschrieben bei Spiegel, im Sommer fährt auch Fähre.

Sehenswürdigkeiten

Die Innenstadt hat einiges zu bieten und findet sich wie auch Tallinn auf der UNESCO-Weltkulturerbe-Liste. Grund dafür ist die große Anzahl von Jugendstil-Gebäuden. Den Kopf muss ich oft oben halten, sonst entgeht mir etwas. So etwa bei der „Schwarzen Katze von Riga“, die mir nie aufgefallen wäre, aber um etwas auf dem Dach sehen zu können, muss man eben nach oben schauen.

Von allen bekannten Sehenswürdigkeiten hat mich am meisten die russische orthodoxe Kathedrale beeindruckt. Und neben den vielen klassischen Gebäuden finde ich die Nationale Bibliothek interessant, aber am geilsten noch das Gebäude vom Latvian Academy of Sciences, einmal das höchste Stahlbeton-Gebäude der Welt. Ein Fahrstuhl bringt mich in die 15 Etage, dann muss man noch zwei Etagen Treppen steigen. 2,50 Lats (3,60 €) sind für den Eintritt vielleicht etwas viel, denn außer „sehen“ kann man hier nichts.

Essen und Trinken

Als größte Stadt im Baltikum hat man in Riga auch die größeren Marken wie McDonald’s oder TDI Friday’s. Dennoch bleibt Platz für ein genug lokale Restaurants und die Kneipenszene ist berühmt. Čili Pica ist eine Kette aktiv in Litauen, Lettland, Ukraine, Polen und Russland und übersäht auch Riga; das Restaurant ist in Ordnung, aber warum ich 40 Minuten auf mein Essen warten muss, ist mir ein Rätsel.

Field Trip schlägt mir Street Burgers vor, doch das kann ich nicht empfehlen. Die Ketchup/Mayo-Tuben auf dem Tisch kann man gar nicht anfassen, so unangenehm glitschig fühlen sie sich an. Alles wirkte irgendwie fettig (Tische und der Boden), obwohl immer wieder gewischt wurde, aber wenn man vom Boden nur die Pommes mit dem Besen wegkehrt, verschwindet das Fett auch nicht. Doch das könnte ich noch in Kauf nehmen, wenn das Brot vom Burger schön fluffig wäre: das ist es aber nicht, es ist eine harte dicken Scheibe Weißbrot, die Käsescheibe unfertig. So ist der Cheese-Burger mit Pommes für 4,90 Lats wirklich keine Empfehlung. Als Abrundung ging auf der Toilette das Licht auch nicht. Das Beste ist wohl noch das große Bild auf der Hanswand von einem Burger-Esser.

Sympathisch dagegen ist Pelmeni XL, was – unschwer zu erkennen – Pelmenis verkauft. Das ganze ist recht günstig, der Geschmack geht in Ordnung, allerdings gefallen mir nicht alle Sorten gleich gut.

Piejura ist ein nettes Restaurant, und angelockt hat mich ein Gericht auf der Karte draußen, was ich schon immer einmal probieren wollte: Suppe in Brot serviert. Die Suppe selbst (eine pupiņu zupa) finde ich lahm, doch die Idee, eine Suppe statt im Teller in einem Brot zu bringen ist einfach großartig. Vor der Suppe (4,90 Lats) gibt es einen kleinen Korb Brot mit Butter.

Am Schwedischen Tor ist die Amber Way Taverne, ein typisches Touristen-Restaurant. Mein (hoffentlich) authentisches lettisches Essen war Fisch mit Kartoffeln und Frischkäse – prima zubereitet und für die Gräten kann das Restaurant auch nichts …

Capuccino und Cafe Latte habe ich überall sehr guten bekommen. Das „Nationalgetränk“, der Kräuterlikör Rīgas Melnais balzams, schmeckt.

Liepāja

Liepāja ist eine Hafenstadt an der Ostsee und hat etwa 80.000 Einwohner. Das ist mein nächstes Ziel. Von Riga gibt es Busverbindungen und von Deutschland kann man sogar eine Fähre von Travemünde aus nehmen. Der Bus geht um 13.30 und im Hotel erlaubt man mir, um 13 Uhr auszuchecken. Pünktlich bin ich am Steig 3, sogar zu pünktlich, denn im Bus von 13.20 schickt man mich wieder raus, das ist eine andere Linie, die nach Liepāja geht. Das rausgehen ist nicht einfach weil hinter mir ein Mütterchen steht das partu nicht aus dem Bus gehen möchte, damit ich wieder aussteigen kann sondern sich erst an mir vorbeidrängelt, bis ich einen freien Ausgang habe.

Der nächste Bus muss wohl meiner seiner, der kommt zeitig, viele warten. In das Kofferfach verfrachte ich mein Gepäck und setze mich hin. Als erster. Nach ein paar Minuten, und immer noch ist keiner zugestiegen, motzt mich der Fahrer an. Ich komme nach vorn und lerne, dass jeder für einen Koffer 1,2 Lats extra zahlen muss. Oha. Ich setze mich wieder auf meinem Platz und mir fällt auf, dass alle eingestiegenen oben auf die Sitznummer schauen. Meine Nachbarin frage ich, ob ich auch einen Sitz habe, „Ja, Nummer 3“. Die 3 hatte ich dem Steig 3 zugeordnet, aber ich setze mich um, ganz nach vorne. Später setze ich mich erneut um, der Bus ist vielleicht 3/4 gefüllt.

Internetzugang hat der Bus nicht, auch keine Filme oder so. Die Fahrt geht über viele Felder und das grüne Gras erinnert mich an ein Hintergrundbild von Windows. Die Straßen sind gut, es geht zügig voran. Auf vielleicht der Hälfte machen wir einen Stopp von 20 Minuten. Der Busbahnhof ist nicht groß, ungewöhnlich der kleine Baumarkt mit Werkzeug, quasi ein OBI-to-Go, wo man noch schnell einen Winkelschleifer oder digitale Wasserwaage kaufen kann.

Nach etwas 3,5 Stunden erreicht der Bus sein Ziel. Der Busbahnhof liegt am Hauptbahnhof, vielleicht ein Kilometer außerhalb der Stadt, aber immer noch in Fußnähe. Gleich möchte ich mein Ticket nach Klaipėda kaufen, doch trotz Sprachbarriere verstehe ich dass keine Busse fahren. Ich soll nach Riga zurückfahren, von dort gibt es Busse. Oha.

Schon vorher habe ich bei Expedia im Europa City Amrita Hotel Liepaja ein Zimmer für zwei Nächte gebucht: das ist relativ günstig, 28 €/Nacht, Frühstück (mit Baguette und Blauschimmelkäse) inklusive, Zimmer haben Wifi. Das Hotel liegt vielleicht 1 km vom (Bus-)Bahnhof und einem schönen Weg vorbei an alten traditionellen und für die Region typischen Holzhäusern. Mein Zimmer ist ein Economy-Room, geht zur Strasse, der Verkehr stört nicht, ist abends sowieso nicht viel los in der drittgrößten Stadt Lettlands (nach Riga und Daugavpils). Economy-Room heißt aber auch, zwei kleine Einzelbetten und einen Wasserspender vor der Tür, der nur heißes Wasser, dafür keine Becher hat. Eine kleine Minibar in Form diverser Snacks und kleinen Fläschchen Feuerwasser stehen auf dem Tisch, einen Kühlschrank gibt es nicht.

Die Rezeption ist nett, gibt mir eine Stadtkarte und einen Stadtführer – die Touristikbehörde tut wohl etwas. Am nächsten Morgen ist mein Ziel Karosta. Erst wollte ich laufen, doch 4 km in zwei Richtungen können lang werden, und die Buslinie 10 fährt direkt vom Hotel ab, so dass ich nicht noch länger über den Spaziergang nachdenke. Ich nehme also den Bus, der etwa alle 20 Minuten fährt, zahle 0,50 Lats (0,70 €), bekomme kein Ticket, frage nach dem Ticket, Fahrer gibt mir dann das Ticket. Keine Ahnung was das zu bedeuten hat, vielleicht gibt es nie spätere Kontrollen. Nach vielleicht 10 Minuten endet die Fahrt an einer sehr schönen Brücke, der Oskars Kalpaka-Brücke; Sehenswürdigkeit Nummer 1. Sie ist die älteste Brücke Liepājas und zählt auch mit zu den älteren des ganzen Landes. Sie wurde nach den Entwurfszeichnungen von Alexander Gustav Eiffel (ja, genau, DEM Herrn Eiffel) gebaut.

An der Brücke nehme ich rechts einen Pfad am Wasser vorbei zum Gefängnis des Kriegshafens (Karosta Prison) Sehenswürdigkeit Nummer 2. Dummerweise ist es ab September geschlossen, da es innen zu kalt für Warmduscher-Toursiten ist, denn im authentischen Knast wird nicht geheizt. Der ehemalige Knast sperrte Seemänner ein, die von zu viel Alkohol „auffällig“ wurden. Das Gefängnis nimmt auf der Liste der „101 worlds amazing and unusual hotels“ Platz Eins einnimmt. Es gibt dann auch Führungen und authentische „Behind der bars“ Reality-Shows.

Von dort gehe ich zur Sehenswürdigkeit 3, der Orthodoxen Meereskathedrale St. Nikolai, gebaut 1901. Von außen glänzen die Kuppeln. Außen steht noch ein viersprachiges Schild, und auf Deutsch heißt es: „Bitte das Territorium der Kathedrale nicht mit bösen Gedanken und Wörtern, angezündeten Zigarette, angetrunken, im Badeanzug oder anderen ungehörigen Kleidern betreten! Bitte keine Hunde und andere Tiere mitnehmen oder hereinlassen.“ Innen gibt es noch ein zweites Schild, mit den Symbolen keine Fotos, keine Handys. Dennoch klingelt es bei einer Omi aus der Tasche, schnell und wohl verlegen macht sie es aus. Besonders fotogen finde ich dir Kirche aber nicht.

Nach der Kirche gehe ich zum Nordmole (Northern Breakwater), Sehenswürdigkeit 4. Ein Typ harkt draußen das Laub, fragt mich nach einer Zigarette, da kann ich nicht helfen. Der Weg ist 1800 Meter lang und zieht sich auch dadurch, dass der Beton auf der Hälfte kaputt ist und das Weiterkommen anstrengend wird. Am Ende steht ein kleiner metallener Ofen und es riecht nach Pipi. Wie blöd ist es in eine Ecke zu pinkeln, wenn man fast 2 Kilometer Pier zum schiffen ins Meer hat. Da es keine Mülleimer gibt (vielleicht würde das auch nichts ändern) entsorgen die Angler alles auf dem Pier: Bierdosen für einen harten Tag und viele Schrimps-Verpackungen, wohl der Köder für den Fisch. Würmer sind wohl von gestern.

Vom ganzen Laufen bin ich müde und müsste zurück zur Brücke und den Bus nehmen. Da mir drei Letten so vorkommen, als ob sie keinen Kurztripp zum Pier machen, frage ich sie, ob sie mit dem Auto gekommen sind und zurück nach Liepāja fahren. Das tun sie und sie nehmen mich mit. Wir reden nicht zusammen, nur am Ende, als mich Fahrer am Hotel absetzt, fragt er mich, woher ich komme: „Deutschland“. Und er „Ooooooooooo. Ich arbeite mit Deutschen“. Mehr sprechen wir dann aber doch nicht.

Liepāja Sehenswürdigkeiten und Gastronomie

Die Stadt hat einige Besonderheiten zu bieten. Im Boden sind kleine Noten eingelassen und man kann in zwei Routen zu je 3,7 km oder 5,8 alle zentralen Elemente abgehen.

Ganz oben steht die Dreifaltigkeitskathedrale (Cathedral of the Holy Trinity) mit den größten mechanischen Orgeln der Welt. Erbaut ab 1742 erfährt sie gerade eine Renovierung und überall staubt es. Unverständlich wundere ich mich, warum die 7000 wertvollen Orgelpfeifen nicht abgedeckt werden. Im September sind traditionell Orgel-Feste. Laut Tourismusinfo kann man auch auf den Turm steigen, einen Aufstieg habe ich aber in der Umbauphase nicht gesehen.

Auch Liepāja hat einen Jūrmala, einen wunderbaren zuckerweichen Strand, ausgezeichnet mit dem Prädikat „Blaue Flagge“ und einen 70 Hektar großen Strandpark auf 3 Kilometern Länge. Schon in den 1860er Jahren wurde er von Russen gerne besucht. Richtung Hafen mehrt sich der Seetang und zwei Männern schaufeln ein paar Kubikmeter auf ihren keinen LKW – eher eine Sisyphus-Arbeit die Flut der Algen damit einzudämpfen. Angeblich wird auch Bernstein freigeschwemmt, doch bei dem Seetang glaube ich nicht daran.

Vom Stand kommt nach nicht direkt zur Promenade. Alte Kähne liegen hier an, Jachten, von denen die Tourismusbroschüre schreibt, nicht. Hier sind ein paar gute Hotels und das House of Food, ehemals Fontain international Steakhouse, was zum Fontain-Hotel gehört.

Die Bernsteinuhr an der Promenade ist mir nicht aufgefallen. Schade, denn die Geschichte ist interessant: 2003 gab es die Aktion „Leave your amber in Liepāja time!“, bei der von den Bewohnen 50 Liter Bernsteins zusammenkamen, aus dem dann die Uhr entstand.

An der Pier stehen zur Abendzeit Männer aus der Mitte der Gesellschaft wie Prostituierte, die sich einen Fisch-Freier angeln wollen.

Im Zentrum hebt die Broschüre Lettlands erste Rockcafe, der „Walk of Fame“ der lettischen Musiker und die größte Gitarre Lettlands (echt?) hervor. Weiterhin wird aufgeführt Rosengarten in der Stadtmitte, Petersmarkt (soll zweitgrößter Lettlands sein), Haus des Kunsthandwerks, Häuschen Peter I, St. Joseph-Kathedrale, Hymne der Stadt Liepāja. Insgesamt macht es Spaß durch die Straßen (Graudu Street, Dzintaru und Liepu Streets) zu gehen und die alten Holzhäuser mit wunderbaren Schnitzarbeiten im Stil des Jugendstils (Art Nouvea) zu bestaunen. Die Straßenbahn hat heute nur noch eine Linie, gehört aber zur ersten in den Balten Staaten.

Neben dem guten und günstigen House of Food finde ich die Boulangerie ein sehr nettes Café mit einem tollen Cafe Latte (1,8 Lats für Medium) und guten Kuchen (nur 1 Lats). Man kann auch oben sitzen. Der SIA „In Tao“, ein Sushi-Restaurant, hat mir weniger gut gefallen.

Weiterfahrt nach Litauen

Am Busbahnhof konnte man mir ja nicht weiterhelfen, also frage ich im Hotel nach, wie ich nach Litauen und insbesondere nach Klaipėda komme. Es gibt eine Route, die geht erst über die Grenze nach Palanga und dann kann man einen zweiten Minibus nach Klaipėda nehmen. Hmmm. Klingt erst einmal umständlich, aber wenn es nicht anders geht, muss es diese Version sein. Nachteil wäre, dass ich irgendwo in Palanga Geld wechseln müsste, denn ich könnte wohl den Minibus nicht in Lats bezahlen , sondern in Litas. (Zum 1. Januar 2015 will Litauen dem Euro-Raum beitreten.)

Neben dem Bus-Terminal am Bahnhof hat Liepāja noch eine zweite Stelle mit Bussen; dort laufe ich hin, um mir die Haltestelle anzuschauen. Ich finde auch die vom Hotel korrekt angegebenen Abfahrtszeiten nach Palanga (9 Uhr und 14.40). Das passt also.

Auf dem Weg zurück in die Stadt und zum Hotel finde ich zufälligerweise die Buslinie Ecolines Estonia mit Reisen nach ganz Europa. Klaipėda steht zwar nicht auf dem Fenster, doch frage ich nach und Voilà! sie fahren nach Klaipėda. Der Preis ist mit 3,87 Lats (5,51 €) günstig, ich spare mir das umsteigen muss kein Geld wechseln. Perfekt … wenn da nicht die Abfahrt um 8 Uhr in der früh wäre, aber in den sauren Apfel muss ich beißen.

Am Vorabend gebe ich noch meine restlichen Lats aus. In der Nacht schlafe ich unruhig, denn mich bewegt die Situation im Bus von Riga nach Liepāja, wo mich der Koffer 1,20 Lats extra kostete. Dummerweise frage ich im Büro bei der Buchung nicht nach diesem Detail. Was wäre, wenn ich den Bus besteige, ich keine Lats mehr habe und ich die Fahrt nicht antreten kann, weil ich den Koffer nicht bezahlen kann? An der Rezeption im Hotel frage ich um Rat, die Frau meint, es wäre nicht unüblich für den Koffer zu zahlen. Hmmm. Sie versucht anzurufen, doch es ist noch zu früh. Eine Google-Suche ergibt, das mein Koffer eigentlich frei sein müsste, größere Koffer aber 10 € kosten.

Ich gehe auf Nummer sicher und ziehe auf dem Weg beim VISA-Automaten noch einmal 10 Lats und gehe zum kleinen Busbahnhof am Platz an der Kurshu und Siena Strasse. Der Bus ist pünktlich, ich zahle nichts für meinen Koffer und mit insgesamt 6 Passagieren macht das Unternehmen keinen großen Gewinn, zumal die Fahrt laut Rezeption mit unter 4 Lats günstig ist. Die Strassen gleichen einem Flickenteppich und so schaukelt sich der Bus durch die Landschaft. Kaum Autos kommen uns entgegen. Im Radio höre ich ein bekanntes Lied, aber Moment einmal, der Text ist russisch? Litauisch? Es ist der Schlagerhit „Ein Stern, der deinen Namen trägt“. Mama würde sich freuen. Wie austauschbar Schlager doch geworden sind. Nach zwei Stunden erreiche ich mein Ziel, Klaipėda in Litauen.

Weblinks

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert